Eine lange Nacht…

„Guten Morgen Schlafmütze!“ Dröhnte es durch ihren Schädel. Jemanden sanft zu wecken, war nicht unbedingt die Art ihres Familiars, zumindest nicht, wenn die zu weckende Person ein ganzes Wochenende durchgezecht hatte. „Wer Feiern kann, kann auch arbeiten! Zumindest, wenn die Haushaltskasse so leer ist wie Unsere. Frühstück ist übrigens auch schon fertig. Auch wenn man es fast schon ein Mittag nennen könnte.“ Mit einem leichten beleidigten Unterton verzogen sich die Gedanken wieder aus ihrem Kopf und ihre Ohren hörten, wie der massige schwarze Wälzer mit den Seiten flatternd aus ihrem Schlafzimmer verschwand.

Ihre Augen, die sie so eben quälend langsam aufgeschlagen hatte, erfassten das rote Lesebändchen, welches ihr Familiar, einem Hundeschweif nicht unähnlich hinter sich herzog. Im Gegenzug erschien ein kleiner Manageist der Kirin Tor im Türrahmen der holzvertäfelten Wand ihres Schlafzimmers. Die violette Wolke, die einem umgedreht Tropfen glich, stemmte mit seinen kurzen Armen ein Tablett vor sich her und schob es auf die unordentliche Bettdecke am Fußende. Kommentarlos verließ er wieder den Raum. Seine Arbeit war getan und zur Konversation war er nicht geschaffen.
„Was steht den heute im Kalender?“ Fragte sie aus ihrem Himmelbett heraus. Die durchsichtigen violetten Seidenvorhänge waren zur Seite gezogen worden und die Vorhänge der mannshohen Fenster ließen das Licht herein und ermöglichten freie Sicht auf die Stadt. Früher Vormittag, so urteilte sie knapp, nach einem Blick auf die Türme Dalarans.
Seufzend und hörbar ausatmend stemmt sie ihren Körper durch das Gewirr der Decke zum Tablett, wo sie von drei Schinkenbroten, einem Glas mit Saft – Apfelsaft, der Färbung nach zu Urteilen – und einem Becher mit Tee, erwartet wurde. Angestrengt entkam ihrem Mund ein gähnen und sofort merkte sie die wieder die spröden Lippen und schweren Augenlider aus den Beiden vorangegangen Nächten. Aber wo ihr Familiar recht hatte, hatte er recht. Einmal im Jahr konnte man sich etwas gehen lassen. Aber danach rief der Dienst wieder nach einem und als Kirin Tor pfiff er einen manchmal herbei.
„Tja, was im Kalender steht, solltest du eigentlich wissen Mädchen.“ Antwortete der Wälzer herablassend, flatterte wieder herein und ließ sich aufgeschlagen neben ihr auf das Bett fallen. Die leeren Seiten blätterten sich von alleine in das hintere Drittel des Buches vor und nach einem kurzen Moment erschien in sorgsam geschwungener Handschrift eine Liste von Terminen. Netterweise war der Vormittag aber komplett freigehalten worden.

„Natürlich weiß ich das, aber ich möchte wissen welche Änderungen du vorgenommen hast.“ Da fiel ihr ein Haarband zwischen einer Deckefalte auf. Sie musste es beim anschlafen noch getragen haben. Schnell bändigte sie damit ihre dunkle weinrote Mähne zu einem Pferdeschwanz und wendet sich wieder dem Frühstück zu.
„Nun in weißer Vorraussicht und der genauen Kenntnis über das Verhalten meiner Meisterin im letzten Jahr, habe ich selbstverständlich, die Termine am heutigen Vormittag bereits in der letzten Woche verschoben.“ Kam die hochnäsige telepathische Antwort.
„Aber heute Mittag ist unbedingt ein Essen mit Magus Voltan notwendig, er meinte eine neue Idee für deine Rüstung vorschlagen zu wollen. Für den frühen Nachmittag ist immer noch der Übungsraum reserviert, wie üblich für zwei Stunden und danach solltest du dich endlich wieder an deine Studiumsarbeiten zur Bannungsmagie machen, die Lehrbücher für Schilde und Bannungszauber liegen bereits seit einer Woche auf deinem Schreibtisch. Unangetastet.“
„Ich weiß, ich habe es etwas schleifen lassen.“ Entlockte er ihr eine Antwort zwischen zwei Bissen.
„Schleifen lassen.“ Moserte der Wälzer zurück. „Unbedingt wahrnehmen musst du heute Abend allerdings das Essen mit deinem Verwalter. Er und ich sind uns einig, das es momentan mit deinen Ausgaben so nicht weitergehen kann.“
„Ihr zwei? Ihr könnt noch nicht einmal miteinander sprechen.“ Gab sie zurück.
„Sagen wir einfach, wir sind unabhängig von einander, zum gleichen Ergebnis gekommen.“ Wich ihr Familiar der Bemerkung aus.
„Und das wäre?“ Angestrengt neigte sie den Kopf nach links und rechts, ein entspannendes Knacken der Wirbel blieb aus. Um Geld hatte sie sich nie Sorgen müssen. Sie war zwar nicht immer flüssig gewesen, aber es kam ausreichend Geld rein um die Rechnungen zu bezahlen und etwas zurück zulegen. Was sollte sich jetzt daran ändern?
„Der Krieg zwischen Horde und Allianz ist zwar geradezu ein Gewinn für die Wirtschaftlichkeit deiner Investitionen, aber deine Schnappsidee, dich mit einer Sperrminorität in diesen Schundverlag einzukaufen, der diese Hefte mit Nacktbildern vertreibt, hat unsere komplette kurzfristige Liquidiät vernichtet. Kurz gesagt: Dein Tresor in Eisenschmiede ist leer und die nächsten Einzahlungen lassen noch mindestens zwei Wochen auf sich warten.“
„Tatsächlich? Was ist mit dem Kartoffelkeller?“ Ihre Gedanken zog es momentan eher zu diesem Tee, den der Familiar hier hingestellt hatte, beruhigte die Sinne, schmeckte leicht nach Vanille und Friedensblume. Sogar das unangenehme Gefühl auf den Lippen schien sich zu mildern.
„Wenn du nicht schon wieder etwas herausgenommen hast, sollten in der alten Kiste auch nur noch etwa 17 Gold und 124 Silberstücke sein. Den gröbsten Teil des Inhalts hast du bereits für dein Konstrukt und deine neue Rüstung verschwendet.“ Antwortete das Buch und klappte sich wieder zu. „Wenn du wissen willst, wie viel es tatsächlich ist, wirst du wohl selbst in den Keller gehen, die Kartoffeln zur Seite schaufeln und nachsehen müssen. Das ist nun wirklich nicht meine Aufgabe.“
„Mal davon abgesehen, das dir dazu die Hände fehlen.“ Das war keine beflügelnde Nachricht.
Vor zwei Jahren hatte sie bei einem Feldzug gegen eine Untotenplage, zusammen mit anderen Offizieren einen Drachenhort geplündert und neben einigen Artefakten und magischen Reagenzien, eine Holzkiste aus Schiffsplanken randvoll mit Gold und Silbermünzen, mitgehen lassen. Zur Sicherheit vor Dieben stand diese Kiste, bedeckt von leicht modernden Kartoffeln, in einem Kellerraum ihres Hauses in Eisenschmiede.
Bisher hatte sie sich bei ausgefallenen Anschaffungen immer auf diese Kiste verlassen. Sollte ihr Inhalt zu neige gehen, müsste sie wieder einen anderen finanziellen Ausgleich für ihre Entwicklungsideen zu einer neuen Magierrüstung finden.
„Übrigens,“ meldete sich das Buch wieder. „letztes Jahr hast du nur deine Unterwäsche auf dem Ball der Hekates gelassen. Das war nicht teuer. Aber dieser Tausch, Robe, Stiefel und Handschuhe gegen ein einfach Herrenhemd war dieses Jahr wirklich schlecht. Die Robe zu ersetzen wird auch nicht billig.“
„Gut du hast ja recht. Ich frage mal bei den Tränen des Adlers an, wie es um die Liquidierung der Expeditionsfundstücke stejt und ich werde diese Woche keine großartigen Einkäufe mehr tätigen. Dann haben wir in der nächsten Woche noch ein wenig mehr über.“
„Ich hätte da eine bessere Idee.“ der Wälzer erhob sich wieder und flatterte eifrig davon, wahrscheinlich zu seinem Regalbrett im Wohnraum.
„Und die wäre?“
„Einfach nicht so oft auswärts essen gehen und selbst kochen lernen, damit könnten wir uns einige Ausgaben sparen. Und nun beweg dich raus aus dem Bett. Ich lasse schon mal Wasser ein, deine Nase sagt mir, dein Bett müffelt wie ein Mondsäblerkäfig.“
Kurz ertappte sie sich selbst dabei an ihrer Bettwäsche zu schnuppern, unterließ es dann aber. Er hatte recht.
So schwang sie dann die langen Beine aus dem Bett, kam nach einem tiefen durchatmen auf beiden Füßen zum stehen und fand festen Stand. Die heutige Trainingseinheit würde sie auf morgen verschieben. Dafür war ihr Körper heute nicht geschaffen.

Dunkle Schatten – Part 1

Leise rieselten bei jedem Schritt einige Flöckchen weißen Schnees von den Hufen des alten braunen Hengstes, der in einem langsamen Trab, den langen Weg über den Nordpass in Richtung Dun Morogh fast hinter sich gebracht hatte. Seine Reiterin hatte es nicht eilig gehabt wieder in die weißen Weiten der Zwerge zu kommen. Auch wenn hier ihre Wahlheimat und ihre Arbeit auf sie warteten, hatte sie während ihrer Rückreise die Nase lieber in das kleine Tagebuch gesteckt, welches sie im Verfallen Magierturm von Blutwalden aufgetan hatte. Zeit und Reisetempo waren dabei nebensächlich geworden. Aber wann kam man schon einmal an das Tagebuch eines Hofmagiers, der vor Sechshundert bis Siebenhundert Jahren gelebt und dort seines Amtes gewaltet hatte.

Mit einem Ruck kam ihr Hengst zum Stillstand und brachte die Magierin mit einem laut hörbaren schnaufen aus seinen Nüstern dazu, ihre Gedanken vorerst zur Seite zu schieben. Komplett auf das Buch konzentriert hatte sie nicht auf den Weg vor sich geachtet und schon gar nicht hatte sie den fetten felligen Braunbären bemerkt, der in etwa 100 Meter Entfernung vor ihr die Straße überquerte. Leicht humpelnd und den linken hinteren Lauf nachziehend, trottete er vorwärts, blickte einige Zeit mit seinen stechenden kleinen Augen in genau ihre Richtung und setzte dann seine Weg über das Kopfsteinpflaster fort, hinein in die weißen Büsche und Bäume Dun Moroghs. Ein leichtes Knacken und knarzen des Unterholzes war noch einige Momente zu vernehmen. Dann lag die Straße des Passes wieder ruhig da. Als hätte sie nie jemand gekreuzt, nur ein paar Spuren im Schnee zeugten noch von seinem bärigen Besucher.

Einige Momente lauschte sie noch in den Schnee und ihre Umgebung hinein, aber es war kein weiteres Geräusch zu vernehmen, kein Zwerg, keine Jagdhunde, nur das zwitschern einiger Vögel und das weitere Schnaufen ihres Hengstes. Mit einem leichten Stoß ihrer Stiefel setzte Dieser nun auch schon ihren gemeinsamen Weg fort und auch siefolgte weiter den Geschichten eines Magiers aus alter Zeit , ihrem möglichen künftigen Vorgänger.

Durch diese Ablenkung völlig unbemerkt, blickten weiterhin zwei stechend kleine Augen aus den Büschen am Wegesrand auf die vorbeireitende Magierin. Bewusst folgten sie auch weiterhin jeder Bewegung der Reiterin, jedem wippen ihres Körpers, dem Wind der durch ihre Haare wehte, die magischen Ströme die sanft und gut versteckt, aber für ihn doch sichtbar durch die Nähte ihrer Rüstung zogen. Dann endlich war es vorbei. Die Magierin bog um den nächsten Berghang und war verschwunden. Kurz darauf brach der alte humpelnde Braunbär erschöpft zusammen, stumm und willenlos. Er hatte versucht mit seinen Tierischen Instinkten dagegen anzukämpfen, doch es hatte nicht gereicht. Während der stechende Blick von seinen Augen abfiel und er seinen letzten Atemzug tat, bedauerte er zutiefst, diesem Bösen geholfen zu haben, das nun seinen Geist schnell und schmerzlos zerstörte. Hoffentlich war sie stärker als er. Dann hörte sein Herz auf zu schlagen.

Hekates Maskenball. Noch ein Lob.

Tja, was soll man sagen.

Ich habe die letzte Woche über, ab und an mal reflektiert und bin die beiden Abende des Maskenballs noch mal durchgegangen. Meistens eröffnen sich ein paar Punkte ja erst, nachdem man mehrere Sachen nochmal überschlafen hat. Ich muss aber wirklich sagen, mir fällt nichts ein, was ich im Nennenswerten Maße kritisieren könnte. Ich sage immer gerne: Es war einfach eine runde Sache. Und das sage ich sehr selten über Plots. Noch nicht mal über die Eigenen Minievents.

Ich war beim Maskenball, nun wirklich als völlig Außenstehender dabei. Weder hatte ich mit meinem Charakter vorher nennenswert mit anderen Charakteren aus der Gilde zu tun (Außer Payton, mit dem ich mal zusammen im gleichen Großplot steckte). Noch hatte ich OOC mit anderen Personen aus der Gilde Kontakt und selbst wenn, fällt es mir wohl gerade nicht ein oder es ist mir nicht bewusst das jemand aus meinem Bekanntenkreis dort einen Mitwirkenden Charakter hat. Und so kann ich mit diesem Blickwinkel nicht meckern.

Auf mich wirkte das Event wirklich gut durchorganisiert und durchgetaktet. Von vorne bis hinten. Die Darsteller waren gut, die Emotes waren gut zu lesen und in der Masse gut geschrieben. Wenn es im Hintergrund Probleme gab, so sind sie zu mir nicht vorgedrungen, weder während des Events, noch auf anderem Wege. Selbst meine Befürchtung, mal wieder als Einzelkämpfer und ohne Gildengrüppchen auf der Ersatzbank zu landen – denn wir kennen ja das Grüppchenverhalten des Adels bzw. der Sturmwinder – wurde netterweise durch einen eurer Mitspieler ausgehebelt. Ich denke, wenn man seit langem mal wieder eine Nacht im RP durchmacht und noch zwei Tage später davon zehrt UND es auch noch Spass gemacht hat. Ist es sehr gutes Zeichen. Soweit so gut. Aber, es ist natürlich nicht alles perfekt. Das ist mir allerdings auch erst jetzt zum Ende der Woche aufgefallen, nachdem ich über den Maskenball ein Zweites Mal nachdachte.

So gut das Event auch war und so gut es mir gefallen hat. Kann ich mich im Nachhinein nicht des Eindrucks erwehren, dass eure Gilde das – soweit mir bekannt – selbstgesteckte Motto des Balles nicht erreicht hat.

Wenn ich mich nicht irre, läuft das ganze unter dem Motto: “Auf den Frevel, die Eklate – […] ” Und ich muss im mehrmaligen drüber nachdenken, leider sagen. das mir Frevel und Eklatante Ausrutscher – Gewollt oder Ungewollt – besser gesagt, ein richtiger Skandal, im Öffentlichen Bereich dieses Maskenballs nicht begegnet sind. Übersteigerte Selbstdarstellung der Gastgeberin und des dazugehörigen Reichtums. Ja, das war da. Aber auf der Party dann bitte alles ganz gesittet. So würde ich es wohl nennen. Und was die selbst bereitgestellten Gerüchte betrifft. würde ich sie fast als “Handzahm” bezeichnen.

Klar liegt so etwas auch immer mit an den Gästen und ja, ich bin mir auch über den Faktor “Ab 12 Jahren” der FSK bewusst. Aber trotzdem habe ich den Eindruck: An das Motto hat es nicht herangereicht. Trotz der Tatsache, das es ein Top Event war.

Eine lange Nacht

Leise, aber trotzdem mit einem leichten Scharren fällt die schwere Eichentür ins Schloss, langsam wendet sie sich in dem blauen leicht funkelnden Kleid dem Raum zu. Die violetten Kristalle beleuchten inzwischen die schweren steinernen Wände und die Seidenen violetten Banner ihres Wohnraums. Genauso wie ihren Familiar, den dunklen dicken Wälzer, der mitten im Raum schwebt und dessen Anwesenheit sie für einen Moment zusammenzucken lässt.

„Jesper, hast du mich erschrocken. Sag nicht du hast hier die ganze Zeit auf mich gewartet.“ Langsam beginnt der Wälzer dann seine Runde um die Magierin zu drehen. Nun, ich war mir tatsächlich nicht sicher ob ich eine Kerze für dich ins Fenster stellen sollte. Aber anscheinend hat sich meine junge Meisterin wie eine Dame verhalten. Leise raschelten die Seiten während seine Gedanken die ihren streiften. „Hast du wirklich erwartet ich bleibe über Nacht?“ Ohne weiter abzuwarten Schritt sie dann vorwärts in Richtung Treppenhaus. Vielleicht. Während der Wälzer ihr auswich und zur Seite schwebte. Wann triffst du ihn wieder?

„Wer sagt dir, dass ich ihn überhaupt wieder treffe?“ Sie warf ihm ein vorwurfsvollen Blick zu und bemerkte gleichzeitig wie er in ihrer Gedankenwelt stocherte und sieht meinte einen wissenden Blick von ihm zu erfühlen. Nun, du bist kein kleines Mädchen mehr, als das du eine Anstandsperson bräuchtest, trotzdem könntest du mich das nächste Mal mitnehmen und vorstellen. Seine Seiten raschelten ruhig vor sich hin. Oder lädst du ihn ein?

„Das werden wir sehen. Vorerst gedenke ich mich aber für heute hinzulegen und zu ruhen, hat mein vorlauter Familiar damit ein Problem?“ Der Wälzer klapperte ein wenig mit dem Buchband und wälzte sich um die eigene Achse. Vorlaute Göre, ich wünsche Süße träume. Kam es bissig zurück. „Die werde ich haben.“ Erwiderte sie und verschwand hinter der halboffenen Türe zum Treppenhaus. Vielleicht schaue ich später einmal vorbei. Murmelte der Wälzer vor sich hin und flatterte ihr zügig nach. „Das habe ich gehört.“ Kam es ihm dann schon aus dem Treppenhaus entgegen.

Ich weiß. Mädchen. Ich weiß.

Auch Licht wirft Schatten

Ein einziges Wort lag in der Luft. „Verrat.“ Und in gewisser Weise bestimmte es momentan das komplette Handeln derer um sie herum.

Aber konnte man es wirklich Verrat nennen? Nun es war unumstritten, die Streiter der schwarzen Klinge hatten die Kapelle und die silberne Hand überfallen und dies Bewusst und nicht ohne Grund. Aber war es wirklich Verrat, wenn eben jene, die von uns Lebenden höchstens geduldet, hauptsächlich aber gedemütigt wurden, sich irgendwann um und gegen die Hand wendeten, die sie führte? Für den Krieg waren sie immer gerade gut genug gewesen und auch so mancher Paladin hatte sich hinter ihnen verschanzt, sie oft genug, im wahrsten Sinne des Wortes, die Drecksarbeit machen lassen. War es also Verrat, wenn man sich irgendwann anders Endschied und begann seinen eigenen Interessen zu folgen und diese Durchzusetzen? Eines war klar, ein Verrat an sich selbst, war es nicht.

Immerhin war auch sie zur Kapelle gekommen und das nicht ganz uneigennützig. Wenn die silberne Hand schon ihre Mitglieder und Anhänger zusammenrief um gegen die Legion zu beraten und in den Kampf zu ziehen, war es nie falsch für die eigene Seite, Augen und Ohren offen zu halten. Unabhängig davon, wie man zueinander Stand. Aber wer hätte gedacht, dass man bei einem einfachen diplomatischen Besuch direkt zwischen die Fronten gerät.

Anfangs hatte sie gezögert. Als der Tod über die Mauern gekrochen und durch die Tore geritten kam, hatte sie sich zurückgehalten. Fast schon hoffend darauf, man würde sie aufgrund des Wappens auf ihrer Brust unbehelligt lassen. Aber wenn der Tod auf einen zureitet, die Messer gewetzt und in freudiger Erwartung. Dann helfen einem keine noch so neutralen Ansichten, keine Immunitäten auf dem Papier, keine guten Worte oder Wappen mehr. Dann heißt es nur noch Leben oder Sterben und so hatte sie sich für Ersteres entschieden und den Truppen der silbernen Hand zur Seite gestanden. Zumindest was die Verteidigung der Kapelle betraf, brauchte sie sich also keine Vorwürfe über das Eingreifen in einen Konflikt machen, bei denen sie eigentlich beiden Seiten neutral gegenüberzustehen hatte.

Aber einen Gegenschlag führen? Nein, das kam nicht in Frage, auch wenn alles in ihr geradezu danach schrie, diesen Monstern nachzusetzen und ihrem widernatürlichen Untoten Dasein ein Ende zu bereiten, so galt der Angriff der silbernen Hand und nicht ihr. Sie war wahrscheinlich nur zur falschen Zeit, am falschen Ort gewesen und hatte daher um ihr Leben kämpfen müssen. Außerdem wäre sie damit nicht besser gewesen, als die Truppen der schwarzen Klinge, welche an diesem Tage, auch mit Freuden nach ihrem Leben gegriffen hatten.

Aber einfach zusehen, wie die Paladine der silbernen Hand ihrer Rache hinterher und – wer hätte es vorhergeahnt – in ihren Untergang ritten, konnte sie dann doch nicht. So hatte sie sich von einem Hippogryphen auf das Schlachtfeld tragen lassen und während Licht und Schatten unter ihr auf einander prallten, hielt sie ein wachsames Auge auf das Chaos. Und immer wenn ein Licht drohte zu verlöschen, versuchte sie dem Tod ein Schnippchen zu schlagen, dem Leben eine Chance zu geben und so die Ordnung zumindest etwas im Gleichgewicht zu halten. Gelingen sollte es ihr natürlich nicht vollends, aber zumindest sorgte sie dafür – auf die eine oder andere Weise – dass keiner der Streiter gegen seinen Willen die Reihen der Untoten stärken konnte.

Wie sollten die Ereignisse nun weitergehen? Würden die Streiter der silbernen Hand Rache schwören? Sicherlich. Würden sie sie bekommen? Fraglich. Sollte der Ruf der schwarzen Klinge unter diesem Angriff leiden? Wahrscheinlich. Werden die Führungen der Völker und Fraktionen dieser Welt nur deswegen auf eine ihrer Schlagkräftigsten Waffen im Kampf gegen sich selbst und die Legion verzichten? Unwahrscheinlich. Die Führungen der jeweiligen Fraktionen, sofern sie sich denn überhaupt damit beschäftigen, werden sich ihre Gedanken machen, sich teilweise zusammensetzen und am Ende in irgendeinem Hinterzimmer eine Entscheidung fällen. Vielleicht könnten noch ein paar Köpfe rollen, ob die Richtigen oder die Falschen, ist bei so etwas meist nebensächlich. So war das nun einmal in der Politik. An der Masse der Bevölkerung und dem einfachen Soldaten würde das Ergebnis eventuell einfach vorbeigehen und die Truppen der schwarzen Klinge sollten auch weiterhin der Box Sack der Gesellschaft bleiben.

Ein wunderschönes Ende für deinen Gedankengang. Leise raschelten die Seiten ihres Buches vor sich hin und erhoben sich neben sie auf Kopfhöhe, um sie mit dem eingebrannten Auge auf dem Einband zu mustern. „Oh, welch Lob von einem ewig nörgelnden Teil meines Lebens.“ Erwiderte sie nicht ganz ohne ein Schmunzeln. „Und? Was meint mein getreuer Begleiter? Welche Konsequenzen wird dieser Überfall für die silberne Hand, die schwarze Klinge und uns alle hier haben?“

Ach weißt du Mädchen … begann der dunkle Wälzer, leise raschelnd, … diese Geschichte muss erst noch geschrieben werden … das rote Lesebändchen schlaff herabhängend und sich leise um die eigene Achse drehend, … und am Ende liegt es doch an uns und was wir daraus machen.

So saß die Magierin noch eine Zeitlang da – mit ihren Gedanken spielend und ihre Notizen für die bevorstehenden Berichte ordnend – unter der Statue von Tirion Fordring, die im Licht der Sonne, den Geschehnissen ihren Schatten voraus warf. Denn am Ende, kann das Eine, nun mal nicht ohne das Andere.

Zum Event: Ohne Monster keine Helden

Pause

Langsam glitt ihr linker Zeigefinger über das dreckige und speckige steinerne Geländer vor sich. Diese übertriebene Geste der Bestätigung hätte es eigentlich nicht gebraucht, aber es war wohl eine Eigenart der Menschen, wenn sie feststellen mussten, dass Etwas ganz und gar nicht Sauber war.

Dieses Kriterium erfüllte allerdings nicht nur das Geländer des Balkons, auf dem sie gerade stand, sondern im kompletten Haus, das dazugehörte, sammelten sich Dreck und Staub vom Jahrelangen Leerstand.

„Nun, es ist eines der besten Häuser am Platze, mit genügend Zimmern für eine Familie, eine Schreibstube, samt Balkon, mit dem Ausblick auf das Highlight der Stadt.“ Bestätigte sie sich das Gebäude noch einmal selbst. Und einziehen wird eine gehetzte alleinstehende Magierin, samt ihrer Bücher und sie tauscht den Balkon, mit Blick auf DIE Stadt der Magie, gegen den Ausblick auf eine lärmende Schmiede mit stinkenden, schwitzenden Zwergen. Ergänzten die Gedanken ihres Familiars ihre Feststellung. Jedem nach seiner Façon, aber eigentlich hatte ich erwartet, wir würden dieser Stadt fernbleiben, bis du als greise alte Witwe einen Ruhesitz brauchst.

„Hör auf mit dem Unsinn.“ Unterbrach sie lautstark die plappernden Gedanken des dunklen schweren Buches, das still und leise, mit raschelnden Seiten, neben ihr in der Luft schwebte und mit dem Einband die arbeitenden Zwerge in der Schmiede fokussierte.

Ich verstehe ja, das du den Posten als Adjutantin wieder abgegeben hast, um mehr Zeit für unsere eigenen Studien zu haben, aber musst du unbedingt wieder unter diesen Berg ziehen? In Dalaran haben wir alles was wir brauchen, direkt vor der Tür. Der Wälzer klapperte kurz lautstark mit dem Einband und schwebte dann, das rote Lesebändchen hinter sich her flatternd, durch die Balkontür zurück in das noch leerstehende Gebäude. Außerdem ist deine Flunkerei – mit einem ruhigen Platz zum Studieren, um sich auf den Erzmagiertitel vorzubereiten, denn du dir in ein dutzend Jahren mal erarbeiten willst – doch etwas dünn.

„Weder Noch und das weißt du alter Haufen Altpapier genau.“ kam sogleich der Widerspruch von ihr. Während auch sie sich in den ersten Stock zurückzog und die schwere Eichentür hinter sich schloss. Ad hoc wurde der Lärm der Schmiede rapide abgemildert und man konnte fast von Stille sprechen, die sie nun umgab. „Es ist keine Flunkerei und solch einen Titel bekommt man nicht ebenso hinterhergeworfen. Es bedeutet reichlich Arbeit und Zeit sich darauf vorzubereiten und hinzuarbeiten. Das ich damit nun nicht sofort beginne, geht keinen etwas an, du weißt selbst, wir haben vorher noch ein paar Fälle zu erledigen und etwas was wir dazu brauchen, finden wir momentan nicht in Dalaran.“

Einige Momente blieb es still, während sich ihr Wälzer in der Luft einen halben Meter hinab und wieder heraufschraubte. Sicherheit. Gab er dann zurück.

„Genau.“ Kam es von ihr, während sie langsam und nachdenklich eine Stufe nach der Anderen nehmend, die steinerne Treppe herunter, in den Wohnraum schritt. „In Dalaran flirrt fast die Luft vor Magie und momentan weiß wahrscheinlich niemand so genau wer und was sich alles in der Stadt aufhält. Die Gefahr, dass sich dort irgendwelche subversiven Elemente einschmuggeln ist einfach zu hoch. Außerdem mischen sich dort unter das Fachpersonal im Moment viel zu viele Amateure unseres Handwerks.“

Hättest du uns dann nicht ein Haus in Sturmwind suchen können? Dort sind wir wenigstens etwas mehr am Puls der Zeit. Der Wälzer ließ sich einfach im Treppenhaus in die Tiefe fallen und flatterte nur einen Moment später wieder neben ihr.

„Sturmwind, “ ein verächtliches ausatmen war zu hören, „du weißt genau das ich diesen gesellschaftlichen Sumpf nur Aufsuche wenn nötig. Adel, Klerus und alle anderen Organisationen sind dort nur selten einer Meinung, sie streiten sich, hintergehen sich und dann klopfen sie sich gegenseitig auf die Schulter, wie toll sie doch seien. Im Ernstfall ist dort jeder nur daran interessiert seine eigenen Pfründe zu sichern und die Masse der Bevölkerung geht aneinander vorbei ohne sich überhaupt gegenseitig wahrzunehmen.“

Inzwischen blieben Beide vor dem einzigen Möbelstück stehen, das schon seinen Weg hereingefunden hatte. Ein Esstisch aus massiver Eiche. Momentan garniert mit Rüstungsteilen, Reisesack und einem Trachtenkleid.

„Nein, Eisenschmiede ist momentan genau der richtige Ort. Die magischen Aktivitäten in dieser Stadt sind gering und meist sogar nur auf bestimmte Stadtviertel begrenzt. Jemand der sich auf diese Weise zu verstecken versucht, wird nicht allzu viel Erfolg haben. Die magischen Sensoren klingeln ja schon, wenn gegenüber in der Dunkeleisen Botschaft nur einer der Dunklen einmal niest.“ Ein recht zufriedenes Schmunzeln stellte sich auf ihrem Gesicht ein. „Gleichzeitig steht die Masse der Bevölkerung allem Misstrauisch gegenüber, was nicht nach Zwerg aussieht oder sich auch nur im Ansatz anders Verhält. Da machen sie auch vor ihresgleichen nicht Halt. Diese Konservative Grundstimmung spielt uns dabei nur in die Hände.“

Eine Antwort blieb dieses Mal. Der Wälzer verhielt sich nur still und verblieb in einer langsamen Linksdrehung um die eigene Achse. „Nanu, sind dir nun die Worte vergangen?“

Dann raschelten die Seiten endlich wieder. Nein, ich frage mich nur ob du in dieses Olle Trachtenkleid überhaupt noch reinpasst und ob wir uns nicht eher wieder um unsere Ermittlungen kümmern sollten, anstatt noch kurze eine Runde über das Braufest zu drehen.

„Du weißt doch Jesper, Kontakte wollen gepflegt werden und kommen auch nicht so aus dem Nichts.“

Sehen und gesehen werden oder wie hieß das bei euch Menschen? Raschelte der Wälzer nun wieder redefreudiger vor sich hin.

„In Etwa. Auf dem Braufest trifft sich in lockerer Runde fast Alles was in Eisenschmiede rumläuft und wer mit Zwergen zu tun hat, muss hin und wieder auch Einen mit ihnen heben. Da kann die Front auch mal einen Tag länger auf uns warten.“